Die vielen Recherchen und Erhebungen in diversen Abteilungen, und intensive Suche nach Protokollen und Niederschriften von Sitzungen in Gemeinde und Pfarrarchiv (wo man letztlich hoffte doch noch etwas Konkretes über die Herkunft unserer Trachten zu erfahren) waren ohne Erfolg. So kann man als Grundlage für die Entstehung nur noch nach Erzählungen von alten Musikanten und meinen Eltern die Entwicklung unserer großen Musiktracht nachvollziehen.

So wurde von ihnen erzählt:

Es ist anzunehmen, dass Pfarrer Nikolaus Mayer (der von 1903 bis 1914 in Serfaus als Seelsorger wirkte) der Mann gewesen ist, dem wir unsere Tracht zu verdanken haben. Er hat sie, so wurde gesagt, von einem Bauern vom Kaunerberg erstanden und sie nach Serfaus mitgenommen. All seine Bemühungen etwas über die Träger dieser Tracht zu erfahren, blieben erfolglos.

Entgegen aller fehlenden finanziellen Mittel (die Gemeinde Serfaus war zu dieser Zeit auch noch sehr arm und konnte keinen Beitrag leisten) wollte man nach dem vorliegenden Modell die Musikanten einkleiden. Man griff zur Selbsthilfe und beschloss bei einer Faschingsveranstaltung 1911 sich mit einem Glückstopf zu beteiligen, und hoffte dabei, dass genügend Startkapital herein kommt um die Trachten anfertigen zu lassen.

Dann die Überraschung: der Glückstopf war ein voller Erfolg. Der gesamte Stoff und das nötige Zubehör konnte für 20-25 Musikanten angekauft werden und erstaunlicherweise blieb sogar noch etwas Geld übrig. Mit der Anfertigung der Trachten nach Vorlage wurde der einheimische Schneider Josef Lechleitner („Peatarlars Seppl“) beauftragt. Einige geschickte und Trachtenbewusste Frauen halfen ihm bei der Näharbeit. Hemden und Strümpfe mussten sich die Musikanten selbst besorgen.

Einheitliche Trachtenschuhe gab es zu dieser Zeit noch keine. Die kostbaren, mit Federkiel gestickten Gürtel (auch Ranzen genannt) waren alle in Privatbesitz und wurden den Musikanten freundlicherweise bei ihren Ausrückungen zur Verfügung gestellt, diese Leihgabe über Jahre, blieb dann schließlich beim jeweiligen Träger der Tracht dabei.(als sozusagen erworbenes Erbstück)

Die Ranzen dienten damals den Bauern als Geldtasche auf dem Markt, denn im sogenannten Schlauch, der um die Hüfte geschnallt wurde, waren die großen Geldschein vor Dieben sicher.

Soweit die Erzählung von Zeitzeugen über den Werdegang unserer schönen Tracht.

Ende des zweiten Weltkrieges wurden junge, Musik-interessierte Burschen notdürftig mit Instrumenten versehen und für die Musik ausgebildet. Die Folge: Wiederum zu wenig Trachten, da auch beim Brand 1942 schon etliche verbrannt sind. Die Gemeinde hat sich aber dann der Sache angenommen und hat die fehlenden Trachten und auch fehlende Instrumente angekauft, sodass 1957 die inzwischen erstarkte Musikkapelle in einem einheitlichen Erscheinungsbild auftreten konnte.

Leider war mit dieser Investition noch nicht Schluss: Es mangelte an einheitlichen Gürteln und man wollte bei den noch fehlenden dasselbe Muster von den Alten beibehalten. Nach langem Suchen fand man den passenden Federkielsticker in Südtirol im Ort Sarnthein mit Johann Thaler Senior. Kapellmeister Johann Geiger und Obmann Josef Geiger legten Wert darauf, dass die neuen Gürtel auch nach der alten Vorlage angefertigt wurden. Die noch ausständigen konnten rechtzeitig bis zur Eröffnung der Pendelbahn 1959 über die Grenze gebracht werden. Bei dieser Feier wurden dann die gesamten Trachten und Instrumente der Musikanten geweiht.

Zur Schonung der neuen Tracht hat man 1957 eine sogenannte kleine Tracht für alle Musikanten angeschafft, in Form eines braunen Rockes (in Mundart „Tscholder“) und einen Veteranenhut mit Adlerflaum. 1960 wurde dieser durch einen schwarzen Trachtenhut und einer langen schwarzen Hose ausgetauscht.

Die Musikkapelle gewann immer mehr an Bedeutung für die Gemeinde. Die musikalische Gestaltung bei öffentlichen Feiern war unerlässlich, sodass sie sich immer mehr verpflichtet fühlte fortan die Kosten für die Ausstattung von Instrumenten und Trachten zu übernehmen. Dafür war die Musikkapelle sehr dankbar und hat Bgm. Hugo Westreicher sen. (Vater des Nachfolgen Bgm. Hugo Westreicher) zum Ehrenmitglied der Musikkapelle Serfaus ernannt.

Zur Eröffnung des ersten Wohnblocks im Winter 1976/77, bei der die Musikkapelle die Feier musikalisch umrahmt hat, waren erstmals alle Musikanten auch mit einheitlichen Trachtenschuhen ausgestattet.

2001 sind alle Musikantinnen und Marketenderinnen mit der „Original Oberländer Tracht“ eingekleidet worden. Viele private Sponsoren nebst Gemeinde haben sich an den Kosten beteiligt.

Serfaus Herbst 2010

Geschrieben von Herbert Hammerle, Ehrenobmann der Musikkapelle Serfaus wiedergegeben nach Erzählungen seiner Eltern und alten Musikanten.

1962: Die erste Farbfoto-Aufnahme der Musikkapelle Serfaus in der Festtagstracht. Hier bereits mit einheitlichen neuen Gürteln.

1960/61: Bittprozession mit der kleinen Tracht. In diesem Jahr wurden der schwarze Trachtenhut und die lange schwarze Hose eingeführt, der braune Rock (Tscholder) blieb unverändert.

 

1966: Die heutige “Kleine Tracht” mit rotem “Tscholder” und schwarzem Trachtenhut mit doppelter Hahnenfeder.

 

Seit 1911: Die “gorße Tracht” mit langem grünem “Tscholder” rotem Leibchen und schwarzem Trachtenhut